Sternenerinnerungen
Sieh hinauf zu den Sternen,
mein Freund.
Seit anbeginn der Zeit funkeln
diese Himmelslichter, hell und klar in
kalten Winternächten,
bescheiden und heimlich im hellen Sommerdunkel.
Was haben sie nicht alles
gesehen, lange bevor sie uns erblickten...
Helden, die kühn stritten
für Gerechtigkeit und Frieden; einige siegten,
andere fielen, doch sie
alle werden den Sternen in Erinnerung bleiben.
Entdecker, die wagemutig
auszogen, geführt vom Drang, die Ferne zu
erkunden; einige erblickten
das Unbekannte, das Neue, andere gingen
verloren, doch sie alle
werden den Sternen in Erinnerung bleiben.
Forscher, ein Leben lang
suchend nach den Lösungen der großen Rätsel und
nach neuen Fragen, die
ein Vermächtnis für die nach ihnen wären; einige
fanden Antworten, die wie
Wunder waren, andere forschten vergeblich,
doch sie alle werden den
Sternen in Erinnerung bleiben.
Künstler, die nur
darauf sannen, das Wundervolle, das Schöne für alle
greifbar zu machen; einige
schufen ewige Herrlichkeit, anderen
entfleuchte die Schönheit
zurück in ihr Versteck, doch sie alle werden
den Sternen in Erinnerung
bleiben.
Handwerker und Bauern,
stets beschäftigt, um das Leben für alle zu
erleichtern und zu erhalten;
einige fertigten und ernteten viel, andere
kaum genug zum Leben, doch
sie alle werden den Sternen in Erinnerung
bleiben.
Und nicht nur über
diesen leuchteten die vielen Sonnen, unter denen die
unsere nur eine von vielen
ist und doch unglaublich einzigartig... Sie
funkelten auch über
anderen Dingen.
Über Wesen, groß
wie Berge, die sich voller Leben auf der festen Erde
oder im weiten Wasser tummelten.
Über Wäldern aus Gräsern, hoch wie
Bäume und über
Baumwelten, weiter, als jedes Falkenauge reicht. Über
Leben, so klein, daß
selbst ein Käfer ihm riesig erscheint und über
scheints endlosen Flächen
von Sand oder Eis, auf denen nicht einmal
dieses wenige sich regt.
Über Luft, die - so flüchtig sie ist - zu
Stürmen sich zusammenballt,
die ganze Meere vor sich her wälzen und
himmelhohe Gebirge zu Staub
zermahlen. Über Wasser, das Feuer verlöschen
läßt und über
Feuer, dem das Wasser weichen muß. Über Schluchten, zu
tief, als daß das
Licht jemals ihren Grund erreicht und über Ebenen, so
weit, daß immer ein
Teil von ihnen in der Nacht liegt. Und auch über so
vielen verschiedenen Formen
von Leben, daß das Aufzählen all seiner
Namen länger dauern
würde, als in die tiefsten Schluchten hinabzusteigen
oder über die weiteste
Ebene zu wandern... Und all das wird den Sternen
in Erinnerung bleiben.
An viel haben sie sich zu
erinnern, die Sterne. An mehr, als wir
vielleicht jemals wissen
werden. Doch sind auch sie selbst eine
Erinnerung, denn wir sehen
das Licht, das sie verließ, als es die Dinge
noch gar nicht gab, die
wir Vergangenheit nennen. Und das Licht, das sie
senden während wir
zu ihnen blicken, wird erst fern in der Zeit, die bei
uns Zukunft heißt,
diese Welt erreichen. Und dann werden Du und ich und
alles, was jemals war eine
der Erinnerungen sein, die in diesem milden,
klaren Lichte funkeln.
Darum sieh hinauf und erinnere
Dich an das, was war, seit die Sterne
leuchten und freue Dich
auf das, was noch sein wird, bevor ihr Licht auf
immer verlischt. Wenn es
denn überhaupt jemals verlöschen wird... Ich
glaube es nicht. ( Denn
welche Elfe würde das schon jemals tun ? )Doch
ob das Strahlen nun ewig
währt oder nur noch von begrenzter Dauer sein
mag, es hat viel zu berichten.
Darum
Sieh hinauf zu den Sternen,
mein Freund.
(Seleya)
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